ARD-Talkerin Caren Miosga und zwei Wirtschaftsexperten wollen Markus Söder nach dem Beinahe-Debakel um die Rente in die Zange nehmen, scheitern aber am Lavieren des Ministerpräsidenten. Nur bei der AfD wird der CSU-Chef klar und gibt Fehler zu.
Am Freitag brachte die schwarz-rote Koalition ihr Rentenpaket mit einer Kanzlermehrheit durch den Bundestag – doch der wochenlange Streit hängt ihnen noch nach. „Schafft die Regierung den Aufschwung?“, fragte Caren Miosga am Sonntagabend den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Zur Zukunft der deutschen Wirtschaft diskutierten zusätzlich die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer und die Wirtschaftsjournalistin Julia Löhr von der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Dabei hätte man meinen können: Markus Söder ist tiefenentspannt – zumindest ließ er sich kaum von den Fragen Miosgas zum Rentenstreit aus der Fassung bringen. Überhaupt schien er nicht willens, sich mit dem Konflikt, der Koalition-gefährdende Ausmaße anzunehmen schien in den vergangenen Tagen, überhaupt noch zu befassen. So fragte Miosga, was denn passiert wäre, hätte man für die Reform keine Mehrheit erreicht. Darauf Söder: „Aber es hat doch gereicht.“ Und weiter: „Ich kann ja nicht bei jeder Entscheidung wochenlang später überlegen, was hätte passieren können.“
Ihm sei schon in der Woche vor der Abstimmung im Bundestag klar gewesen, dass eine Mehrheit sicher sei. Das sei ein Erfolg Jens Spahns und der Jungen Gruppe, sagte er. Letztere hatte sich am erbittertsten gegen das Paket gestellt: „Ohne den Einsatz der Jungen hätten wir jetzt nicht eine Debatte über die Rentenkommission, die sich jetzt tatsächlich an echte Reformen ran machen kann.“
Immerhin ein wenig ließ der Ministerpräsident durchscheinen, dass ihn die Debatte irritiert hatte. „Ein Tick zu viel“ Streit sei es ihm kurz vor der Abstimmung gewesen – man hätte von vornherein „klarer“ sagen müssen, dass die Argumente der Jungen Gruppe stärker gehört werden. Auf die Frage, wer mit „man“ gemeint sei, antwortete Söder nur: „Wir alle.“
Mütterrente? Koste doch fast nichts, meint Söder
Im kommenden Jahr soll die Rentenkommission konkrete Reformideen entwickeln. Söder wollte sich aber nicht einmal auf die Frage einlassen, wie die CSU reagieren wolle, falls die Empfehlung lauten wird, deren Mütterrente abzuschaffen. Die Mütterrente betrage nur ein Prozent des gesamten Rentenvolumens, drum halte er es für unwahrscheinlich, dass sie zu einem Anliegen der Kommission werde, meinte Söder. Dass Menschen länger arbeiten müssen, schloss er hingegen nicht aus. Doch auch hier wollte sich der Politiker nicht festlegen und antwortete ausweichend: „Also ich arbeite, solange es geht.“
Zum Umgang mit der AfD fand Söder hingegen klare Worte. Am Samstag hatte er auf dem Landesparteitag der CDU in Baden-Württemberg über den Fünf-Punkte-Plan der Union zur Migrationspolitik gesprochen – und eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, diesen im Januar mit Stimmen der AfD durchzubringen.
Das bekräftigte er in der Sendung und verteilte einen Seitenhieb gegen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU): Es sei eine Leitentscheidung gewesen, sagte er. „Der Kandidat hat im Wahlkampf immer Recht“. Doch auch Merz sehe die Entscheidung heute differenzierter.
„Natürlich auch keinen Antrag der AfD unterstützen“
Söder lehne zwar den Begriff der „Brandmauer“ weiterhin ab, doch sagte, die Union bleibe bei einer „klaren Abgrenzung“. Jede Kooperation mit der AfD führe dazu, dass sich die Union „zerreißt“, sagte er: „Eine formale Zusammenarbeit geht nicht und wir werden natürlich auch keinen Antrag der AfD unterstützen“. Stimmen der AfD wolle er künftig nur in Kauf nehmen, wenn auch ohne sie eine Mehrheit erreichbar wäre.
Wie also soll es nach diesem Koalitions- oder vielmehr: CDU/CSU-internen Streit weitergehen? Im zweiten Teil der Sendung versucht sich Miosga an einer Debatte über die Zukunft der deutschen Wirtschaft. Doch statt einer zielgerichteten Diskussion sprangen die Gäste ohne roten Faden von Thema zu Thema – und luden vor allem ihre Wut auf Söder ab.
So musste sich Söder gleich zu Beginn scharfe Kritik anhören: Die Wirtschaftsjournalistin Julia Löhr warf ihm und Friedrich Merz vor, „Klientelpolitik“ zu betreiben. Beide schafften es nicht, ihre Parteien für „echte Reformen“ hinter sich zu versammeln: „Mein Eindruck ist: Es geht uns offenbar noch nicht schlecht genug, dass es bei allen ankommt, dass wirklich etwas geschehen muss“, so Löhr an den CSU-Politiker.
Statt Milliarden für die Mütterrente, hätte man längst die Stromsteuer senken können, fuhr Löhr fort. Es brauche eine Reform auf dem Level der Agenda 2010, um Wachstum wiederherzustellen. Markus Söder versuchte dann schon wieder ein Ausweich-Manöver: Sparen müsse man bei Sozialausgaben, wie der Jugend- oder Eingliederungshilfe, oder beim Heizungsgesetz – so habe man genug Geld, um die Senkung der Körperschaftssteuer vorzuziehen.
Miosga sprang dann weiter, von der Körperschaftssteuer ging es zum Verbrenner-Aus: Erst vor wenigen Wochen hatte sich Söder dafür ausgesprochen, das Verbrenner-Aus aufzuweichen. Die Ökonomin Monika Schnitzer nutzte ihre Chance, ihm dafür heftige Vorwürfe zu machen: „Wollen Sie denn, dass aus den deutschen Automobilunternehmen ein Nokia oder ein Kodak wird?“, fragte sie. „Zwei extrem erfolgreiche Unternehmen, die es nicht geschafft haben, rechtzeitig mit der neuen Technologie mitzuhalten?“
Ein Fazit konnte die Runde nicht ziehen: Schnitzer und Löhr sei jedenfalls klar, dass sich was ändern müsse – auch für die Menschen in Deutschland. Das müsse auch die Politik klarer kommunizieren: „Wir bräuchten insgesamt in Deutschland wieder mehr Bereitschaft, uns auf Dinge einzulassen, die vielleicht im ersten Moment nicht so angenehm sind.“

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